Ab 1989 – das Heal­ing Theat­re resi­diert in der Ziergärtnerei

Das Heal­ing Theat­re war ein Köl­ner Künst­ler­kol­lek­tiv, das im Kern aus Micha­el Dick, Petra Wei­mar und Dani­el Die­s­tel­kamp bestand. Petra Wei­mar und Micha­el Dick waren die bei­den Grün­der des Zusam­men­schlus­ses. Das Kol­lek­tiv arbei­te­te für ihre Pro­duk­tio­nen auch mit ande­ren Künstler:innen zusam­men. Einen star­ken Ein­fluss auf die Arbeit des Heal­ing Thea­tres hat­te Peter Brook mit sei­nem Ensem­ble.
In der kon­kre­ten Arbeit ging es dabei immer wie­der um den Zusam­men­hang von Hei­lung und Thea­ter – also das Hei­len des Thea­ters und das Hei­len durch das Thea­ter. Dabei war dem Heal­ing Theat­re bewusst, dass Thea­ter alten Stam­mes­rie­ten ent­springt und bereits die anti­ken Grie­chen von Kathar­sis (=Läu­te­rung) im Zusam­men­hang mit Thea­ter spra­chen. Wäh­rend die Zuschau­er dem Stück fol­gen, erle­ben sie eine Art Rei­ni­gung und Erneue­rung. Es ist also immer auch ein ritu­el­ler Vor­gang, wenn das Publi­kum und die Schau­spie­ler zusammenkommen.

1989 arbei­te­te das Heal­ing Theat­re an Kaf­kas ein­zi­gem Thea­ter­stück: Der Gruft­wäch­ter und war dafür auf der Suche nach einem geeig­ne­ten Raum für die Auf­füh­rung. Her­bert Neu­be­cker, der Büh­nen­bild­ner der Pro­duk­ti­on war, kam auf sei­nem Nach­hau­se­weg immer wie­der an der dama­li­gen Zier­gärt­ne­rei der Stadt Köln vor­bei und irgend­wann wag­te er durch die Fens­ter des gro­ßen Gebäu­des zu spink­sen. Was er sah, begeis­ter­te ihn und so nahm das Heal­ing Theat­re Kon­takt zum Grün­flä­chen­amt der Stadt Köln auf.
Das Gebäu­de wur­de zu die­ser Zeit als Über­win­te­rungs­mög­lich­keit für die Zier­pflan­zen der Stadt genutzt und stand somit in den Som­mer­mo­na­ten leer. 1990 unter­schrieb das Heal­ing Theat­re den ers­ten Miet­ver­trag zur Nut­zung der Räum­lich­kei­ten. Anfangs beschränk­te sich die Nut­zung auf zwei Mona­te Bespie­lung im Som­mer. Neben den Auf­füh­run­gen wur­de die Zier­gärt­ne­rei auch für Pro­ben und Work­shops genutzt. So ver­an­stal­te­te das Heal­ing Theat­re für mehr als 10 Jah­re lang mit dem indo­ne­si­schen Bewe­gungs­künst­ler Suprap­to Suryo­dar­mo jedes Jahr einen zehn­tä­gi­gen Work­shop mit abschlies­sen­den Per­for­man­ces in der Zier­gärt­ne­rei.
1993 fand bereits das ers­te inter­na­tio­na­le Fes­ti­val Sha­ring Time in der Zier­gärt­ne­rei statt. Das Fes­ti­val wur­de vom Kul­tur­amt der Stadt Köln und der Spar­kas­sen­stif­tung geför­dert. Mit die­sem Fes­ti­val ging der rich­ti­ge Thea­ter­be­trieb los und da die Stadt Köln die Zier­gärt­ne­rei zu die­ser Zeit auf­gab, stand einem ganz­jäh­ri­gen Thea­ter­be­trieb nichts mehr im Wege.
Aller­dings muss­te das Heal­ing Theat­re in den Mona­ten Novem­ber bis April den­noch eine Pau­se ein­le­gen, da die Zier­gärt­ne­rei zwar über ein Bewäs­se­rungs­sys­tem und auch über eine Hei­zung ver­füg­te, aber die Däm­mung durch Dach und Fens­ter für die Win­ter­mo­na­te ein­fach nicht aus­reich­te. Das Dach, dass damals noch unge­hin­dert Tages­licht in den Raum lies, im Som­mer natür­lich auch bis in die spä­ten Abendsrt­un­den, nebst den wei­ßen Wän­den, gaben den Auf­füh­run­gen und dem Thea­ter eine beson­de­re Atmo­sphä­re und ein Allein­stel­lungs­merk­mal in Köln und über Köln hinaus.

Um das Jahr 1998 her­um trenn­te sich das Heal­ing Theat­re Ensem­ble. Zur dama­li­gen Zeit spiel­ten bereits vie­le ande­re Grup­pen und Fes­tiv­aks aus dem Bereich Tanz, Thea­ter und per­for­mance Art eben­falls im Oran­ge­rie Thea­ter, so dass der Thea­ter­be­trieb wei­ter ging.

Vie­len Dank an Micha­el Dick, der uns sei­ne Fotos zur Ver­fü­gung gestellt hat. Auf allen Bil­dern sieht man das Heal­ing Theat­re bei der Arbeit.

Ab 1950 – von Blu­men­zucht zu Theatergewächsen

Im 2. Welt­krieg erlit­ten die Gebäu­de der alten Gar­ten­di­rek­ti­on und der Stadt­gärt­ne­rei Schä­den. Die Gebäu­de wur­den teil­wei­se wiederaufgebaut.

Nach dem 2. Welt­krieg über­nahm das Grün­flä­chen­amt der Stadt Köln das Gelän­de rund um die Lünet­te 3 und nut­ze es als Zier­gärt­ne­rei. Zu die­ser Nut­zung wur­den Gewächs­häu­ser errich­tet, von denen zwei immer noch das Gelän­de des heu­ti­gen Thea­ters ein­rah­men.
Ver­mut­lich in den 1950gern sind ein paar bau­li­che Maß­nah­men vor­ge­nom­men wor­den. Im Thea­ter­ge­bäu­de wur­de ein ca. 60 qm gro­ßer Bereich abge­teilt, die Decken wur­den abge­han­gen, es ent­stan­den drei Räu­me und ein Bade­zim­mer. Die­ser Bereich wird der­zeit als Thea­ter­bü­ro genutzt.
Des Wei­te­ren wur­de ein Sei­ten­ein­gang geschaf­fen, der über eine Trep­pe zu errei­chen ist. Mög­li­cher­wei­se fällt in die­se Zeit auch der Anbau der Holz­schup­pen an die Lünet­te 3.
Auch auf der ande­ren Längs­sei­te des Thea­ter­ge­bäu­des wur­den Ände­run­gen vor­ge­nom­men: es wur­de ein Sei­ten­ein­gang und eine Beton-Ram­pe ange­baut. So gelangt man Stu­fen­los in den „Kel­ler“ und in den Thea­ter­saal.
Eben­falls wur­de ein ein­ge­schos­si­ger Gebäu­de­kom­plex gebaut, der bis 1995 der Bau­hof der Stadt Köln war, in dem Gar­ten­ge­rä­te und Maschi­nen lager­ten.
Das Thea­ter­ge­bäu­de selbst dien­te in die­ser Zeit als Über­win­te­rungs­mög­lich­keit für Zitrus­pflan­zen.
Wodurch das Gebäu­de im Som­mer leer stand. Der gro­ße hel­le Raum kur­bel­te die Fan­ta­sien von Thea­ter­ma­chern an, die immer auf der Suche nach geeig­ne­ten Räum­lich­kei­ten sind. So nut­ze das Köl­ner Heal­ing Theat­re den Saal in den Som­mer­mo­na­ten für Pro­ben.
Das Grün­flä­chen­amt zog im Jahr 1995 mit der Zier­gärt­ne­rei um und mach­te somit den Weg für eine ganz­jäh­ri­ge Thea­ter­nut­zung frei.
1995 wur­den der Bau­hof und ein Teil der Gewächs­häu­ser abge­ris­sen und somit das Gelän­de der Lünet­te 3 ver­klei­nert. So ent­stand das heu­ti­ge Oran­ge­rie Theater.

Ab 1903 – “Fritz” der Gartenbaudirektor

Zwi­schen 1903 und 1926 arbei­te­te Fried­rich August Ernst „Fritz“ Encke als Gar­ten­bau­di­rek­tor der Stadt Köln, der sehr vie­le, der heu­ti­gen Park­an­la­gen Kölns ent­wor­fen und umge­setzt hat. Er arbei­te­te und wohn­te auf dem Gelän­de des heu­ti­gen Oran­ge­rie Thea­ters. Das heu­ti­ge Thea­ter­ge­bäu­de dien­te ihm als Dienst­vil­la.
Fritz Encke ver­an­lass­te eine Erwei­te­rung der Gärt­ne­rei, um Platz für die Über­win­te­rung von Kübel­pflan­zen zu gewin­nen. Im Dach­ge­schoss nahm er eine Erwei­te­rung vor. Im Wes­ten vor der Vil­la leg­te Encke sich einen viel­be­ach­te­ten pri­va­ten Gar­ten an.

Ab 1881 – von der Befes­ti­gungs­an­la­ge zum Stadtpark

Mit dem Auf­schwung unter Preu­ßi­scher Herr­schaft blieb es nicht aus, dass immer mehr Men­schen in die Stadt zogen, und bald hat­te sich die Stadt­be­völ­ke­rung von 48.000 Ein­woh­nern (1815) auf 96.524 Ein­woh­ner (1852) ver­dop­pelt. Die Preu­ßi­schen Befes­ti­gungs­an­la­gen, die unmit­tel­bar vor der Stadt­gren­ze gebaut wor­den waren, ver­hin­der­ten eine Aus­deh­nung eben­die­ser und sorg­ten für beklem­men­de Enge.
Des­halb wur­den schon 1864 Plä­ne für eine Stadt­er­wei­te­rung geschmie­det, die eine Auf­lö­sung der Preu­ßi­schen Befes­ti­gung vor­sah.
Der Deutsch-Fran­zö­si­schen Krieg 1870/71 leg­te die Plä­ne vor­erst auf Eis, sorg­te aber im Nach­gang dafür, dass zwi­schen 1873 und 1880 ein „Äuße­rer Fes­tungs­ring“ gebaut wur­de, der den „Inne­ren Fes­tungs­ring“ über­flüs­sig mach­te.
Die­se neue Fes­tungs­an­la­ge schuf den Platz für die wei­te­re Stadt­ent­wick­lung. 1881 kauf­te die Stadt die Preu­ßi­schen Befes­ti­gungs­an­la­gen des „Inne­ren Fes­tungs­rings“ an.
Unter dem Stadt­bau­meis­ter H.J. Stüb­ben wur­de das Mam­mut-Pro­jekt: Pla­nung der Neu­stadt, in Angriff genom­men. Das für den Neu­bau frei­ge­ge­be­ne Are­al war 448 Hekt­ar groß und damit grö­ßer als das bis­he­ri­ge Stadt­ge­biet Kölns (402 Hekt­ar).
Im Zuge der Stadt­er­wei­te­rung wur­de die mit­tel­al­ter­li­che Stadt­mau­er bis 1886 voll­kom­men abge­ris­sen. Übrig blie­ben die Tore und die Tür­me, die zum Teil in Pri­vat­be­sitz über­ge­gan­gen, aber auch Teil des Denk­mal­schut­zes waren.
Es über­rascht sicher­lich nicht, dass es einer Stadt, die bis­her auf engs­tem Raum aus­kom­men muss­te, an Grün­an­la­gen fehl­te. Des­halb plan­te der Stadt­bau­meis­ter H.J. Stüb­ben auch Park­an­la­gen ein. Die kon­kre­te Umset­zung schrieb er aller­dings als Archi­tek­ten­wett­be­werb aus. Zwi­schen März und Okto­ber 1887 gin­gen 44 Ent­wür­fe bei der Stadt ein. Umge­setzt wur­de dann aber nicht der Ent­wurf des Preis­trä­gers Ernst Fin­ken, der stol­ze 2.000 Mark als Preis­geld erhal­ten hat­te, son­dern der von Adolf Kowal­lek. Kowal­lek war von 1887 bis 1902 Köl­ner Gar­ten­bau­di­rek­tor, der nicht nur den Volks­gar­ten anleg­te.
Er inte­grier­te in den Park die alten Fes­tungs­an­la­gen und setz­te nahe­zu alle Wün­sche der Stadt an einen Park um: Rosen­gar­ten, Teich mit Sprink­ler, Fluss­lauf, Grün­flä­chen, Bier­gar­ten, ein­zig das damals gewünsch­te Thea­ter ließ er nicht bau­en.
Die­ses Thea­ter soll­te erst viel spä­ter im Volks­gar­ten ent­ste­hen.
Kowal­lek ist es zu ver­dan­ken, dass auf dem Gelän­de der Lünet­te 3 die Gärt­ne­rei des Volks­gar­tens entstand.

Ab 1815 – vom Wie­ner Kon­gress zur Lünet­te 3

Nach der Nie­der­la­ge Napo­le­ons I wur­den am 8. Febru­ar 1815 die euro­päi­schen Staa­ten auf dem Wie­ner Kon­gress neu ver­teilt. Durch des­sen Beschluss fiel Köln an das König­reich Preu­ßen.
Obgleich sie von den Köl­nern unge­liebt war, brach­te die Preu­ßi­sche Ver­wal­tung einen Auf­schwung mit sich. Unter Preu­ßi­scher Herr­schaft ent­wi­ckel­te Köln sich zu einer rhei­ni­schen Wirt­schafts- und Ver­kehrs­me­tro­po­le, wur­de das ers­te Muse­um gebaut, Niko­laus August Otto erfand den Otto­mo­tor, der Bau des Doms wur­de voll­endet und Karl Marx gab 1842/43 und 1848/49 eine radi­ka­le Tages­zei­tung in Köln heraus.

Die Preu­ßen brach­ten aber nicht nur den wirt­schaft­li­chen und gesell­schaft­li­chen Auf­schwung mit sich, son­dern auch ein neu­es Den­ken über Fes­tungs­struk­tu­ren und Ver­tei­di­gungs­an­la­gen. Bis­her war die Stadt in ers­ter Linie durch die Stadt­mau­er befes­tigt, nun kamen 1816 ers­te Über­le­gun­gen zu einem „Inne­ren Fes­tungs­ring“ auf, der in der Zeit zwi­schen 1816 und 1847 entstand.

Der Auf­bau der Stadt­be­fes­ti­gung sah vor, dass sich jeweils ein Fort und ein etwas wei­ter stadt­ein­wärts gele­ge­nes, klei­ne­res Fes­tungs­werk abwech­seln sollten.

Das heu­ti­ge Oran­ge­rie Thea­ter ist Teil die­ser ehe­ma­li­gen Stadt­be­fes­ti­gung, näm­lich eine soge­nann­te Lünet­te mit Frie­dens­pul­ver­ma­ga­zin, das dem Fort IV zuge­ord­net wur­de. Das Fort IV oder Fort Paul, benannt nach dem Schwie­ger­sohn Fried­rich Wil­helms III., dem Groß­her­zog Paul Fried­rich von Meck­len­burg, kann bis heu­te in Tei­len im Volks­gar­ten besich­tigt werden.

Auch Tei­le der Lünet­te 3 haben sich bis heu­te erhal­ten, sind aber mit dem blo­ßen Auge nicht mehr zu erken­nen, da der Erd­be­deck­te Wall mitt­ler­wei­le mit Bäu­men und Sträu­chern bewach­sen ist. Am bes­ten erhal­ten hat sich ein 14 m brei­ter Abschnitt der Back­stein­mau­er und drei Räu­me, die in den Erd­wall ein­ge­las­sen wur­den. Wozu die­se Räu­me dien­ten, lässt sich lei­der nicht mehr mit Sicher­heit sagen. An die Back­stein­mau­er wur­de spä­ter, mut­maß­lich in den 50ger Jah­ren, zwei Holz­schup­pen ange­baut. Die­se Holz­schup­pen die­nen uns heu­te als Lager­flä­che und Werk­statt.
Das eigent­li­che Frie­dens­pul­ver­ma­ga­zin muss auf der Flä­che des heu­ti­gen Thea­ter­ge­bäu­des gestan­den haben. Nicht klar ist, ob der heu­ti­ge unte­re Teil, der „Kel­ler“ des Gebäu­des aus die­ser Zeit stammt. Es ist sowohl mög­lich, dass das Frie­dens­pul­ver­ma­ga­zin spä­ter um ein Stock­werk erwei­tert wur­de, als auch, dass auf dem Stand­ort ein Neu­bau ent­stan­den ist.

(Quel­le: Zan­der, Ernst: Befes­ti­gungs- und Mili­tär­ge­schich­te Kölns (1794–1926).- Köln, 1944 S. 364, Abb. 79)