Ab 2012 – Ära Mar­ko Berger

Mar­ko Ber­ger wur­de 2012 von einer Fin­dungs­kom­mis­si­on des Oran­ge­rie Thea­ters ein­be­ru­fen, ab Juli, mit allen Betei­lig­ten Poten­ti­al für die Zukunft aus­zu­lo­ten. Die Lage im Oran­ge­rie Thea­ter war von Ent­täu­schung und Frus­tra­ti­on gekenn­zeich­net, was ers­te Aus­stie­ge mit sich brach­te, zumal das Thea­ter für eine gewis­se Zeit nur auf „bau­fäl­lig“ fokus­siert war. Ber­ger war eine Ide­al­be­set­zung, der gelern­te Bank­kauf­mann, Kul­tur­ma­na­ger und Schau­spie­ler hat sich nach 20 Jah­ren beruf­li­cher Zwei­glei­sig­keit ab 2012 aus­schließ­lich auf „Kul­tur“ Fokus­siert. Durch die größ­te Wirt­schafts- und Finanz­kri­se in der Nach­kriegs­zeit konn­te Ber­ger „Kri­se“ nicht nur defi­nie­ren, er hat sie mit vol­ler Wucht erlebt und dar­aus sei­ne per­sön­li­chen Schlüs­se gezo­gen. Der Fin­dungs­kom­mis­si­on war es wich­tig, eine Per­sön­lich­keit zu eta­blie­ren, die nicht gleich vom ers­ten Wind­stoß hin­fort gefegt würde.

Auf die anfäng­lich immer wie­der gestell­te Fra­ge, woher er die Moti­va­ti­on und den Mut für die­se Auf­ga­be näh­me, ant­wor­te­te Ber­ger, dass sei­ne Ener­gie für eine Auf­ga­be, jeg­li­che Zwei­fel erschüt­tern lie­ße, was jeder in glei­cher Lage für sich aus­lo­ten müs­se. Die­se Ener­gie konn­te für sein Umfeld gele­gent­lich auch anstren­gend sein, wor­auf er deut­lich mach­te, dass man das Zähl­werk nur noch auf null set­zen kön­ne und kei­ne Zeit zu ver­lie­ren hät­te, wenn die Lich­ter im Oran­ge­rie Thea­ter wei­ter bren­nen sollen.

Im Herbst 2012 gewann das nö thea­ter mit „V wie Ver­fas­sungs­schutz“ den Köl­ner Thea­ter­preis sowie den Preis für poli­ti­sches Thea­ter, die Per­for­mance Künst­le­rin Joshi Shi­ba­ha­ra leg­te mit dem Tanz Thea­ter Preis nach. Die­se bei­den Ereig­nis­se setz­ten das Oran­ge­rie Thea­ter fort­an wie­der posi­tiv in die Öffent­lich­keit und gaben denen, die wei­ter machen woll­ten wie­der mehr Auf­trieb. Es ver­ging in der Fol­ge kein Jahr mehr ohne Nomi­nie­run­gen oder Preis­ge­win­ne für koope­rie­ren­de Pro­duk­tio­nen des Oran­ge­rie Thea­ters. Die Aus­las­tung der Spiel­stät­te ent­wi­ckel­te sich im Ver­lauf von knapp 40% auf bis zu 80%. Das Thea­ter ist eine der rele­van­tes­ten und schöns­ten Büh­nen der Frei­en Sze­ne Kölns, was durch die Nut­zung der frei­en Raum­ge­stal­tung, inklu­si­ve Gar­ten, bei Künstler:innen und Publi­kum für eine gro­ße Anzie­hungs­kraft sorgt. 

Das kon­ge­nia­le Zusam­men­wir­ken mit raum­werk archi­tek­ten schuf gro­ßes Ver­trau­en bei Entscheider:innen, drin­gend not­wen­di­ge Ertüch­ti­gun­gen am Gebäu­de Ensem­ble mit Hil­fe der Stadt Köln, dem Land NRW sowie der Bezirks­re­gie­rung Köln umzu­set­zen (2013–2017). Dazu zähl­ten im Wesent­li­chen die pro­vi­so­ri­sche Dach­iso­lie­rung (Wärme/Schall), Opti­mie­rung der Fern­wär­me-Hei­zung, Aus­tausch der denk­mal­ge­schütz­ten Fens­ter, Anschaf­fung und Gestal­tung eines pro­vi­so­ri­schen Gar­de­ro­ben Con­tai­ners sowie den Ein­bau eines Pump­wer­kes, dass bei Stark­re­gen die Über­flu­tung der Kel­ler­räu­me ver­hin­dern konnte.

Die posi­ti­ven Aus­wir­kun­gen aller Maß­nah­men folg­ten unmit­tel­bar, fort­an war der ganz­jäh­ri­ge Spiel­be­trieb mög­lich, der bereits im ers­ten Jahr vom Publi­kum sehr gut ange­nom­men wur­de und Pro­duk­tio­nen sowie Oran­ge­rie Thea­ter eine sta­bi­le hohe Aus­las­tung berei­te­ten. Die Städ­ti­sche För­de­rung konn­te suk­zes­si­ve ver­dop­pelt wer­den, wobei das Oran­ge­rie Thea­ter wei­ter­hin einen hohen Anteil an Eigen­mit­teln gene­rie­ren muss, um das Gesamt­kon­strukt erfolg­reich betrei­ben zu kön­nen. Neben inzwi­schen ca. 30 künst­le­ri­schen Koope­ra­tio­nen bie­tet das Thea­ter eine wesent­li­che Platt­form für Fes­ti­vals, bei denen die Initia­to­ren auch inter­na­tio­na­le Pro­duk­tio­nen in die Köl­ner Freie Sze­ne brin­gen. Als abso­lu­tes High­light ist hier das jähr­lich statt­fin­den­de Per­for­mance Fes­ti­val URBÄNG! zu nen­nen, dass von dem Künst­ler­kol­lek­tiv Frei­han­dels­zo­ne Köln initi­iert wird und schon mehr­fach aus­ge­zeich­net wurde.

Im Jahr 2017 erfolg­te dann der lang ersehn­te Pau­ken­schlag, der Rat der Stadt Köln bewil­lig­te die wei­ter­hin ange­streb­te Voll­sa­nie­rung des Oran­ge­rie Thea­ters und beauf­trag­te das Kul­tur­amt der Stadt Köln, gemein­sam mit dem Oran­ge­rie Thea­ter ins­be­son­de­re die kon­zep­tio­nel­len und recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen für die Sanie­rung und die Zeit danach zu ent­wi­ckeln. Zitat der Ober­bür­ger­meis­te­rin Hen­ri­et­te Reker: „Wir wol­len, dass da, wo saniert wird, auch etwas ganz Beson­de­res statt­fin­det.“ Es folg­ten noch meh­re­re Jah­re, um mit diver­sen Ämtern der städ­ti­schen Ver­wal­tung, ent­spre­chen­de Geneh­mi­gun­gen und Mög­lich­kei­ten abzu­klä­ren. Das gesam­te Ver­fah­ren wur­de von allen Betei­lig­ten kon­struk­tiv und inten­siv verfolgt.

Am 10. Febru­ar 2023 gab die Stadt Köln bekannt, dass der Rat der Stadt Köln dem Pro­jekt zur Sanie­rung des Oran­ge­rie Thea­ters zuge­stimmt hat. Für Herbst 2023 ist der Start geplant. 

Der sehr gute Lauf schien mit der Pan­de­mie 2020, welt­weit unab­seh­ba­re Fol­gen auf­zu­tür­men. Im Gegen­satz zur Finanz- und Wirt­schafts­kri­se, 10 Jah­re zuvor, reagier­ten die staat­li­chen Insti­tu­tio­nen, deut­lich schnel­ler und effek­ti­ver, wovon auch das Oran­ge­rie Thea­ter sehr schnell pro­fi­tie­ren und vor dem Unter­gang geret­tet wer­den konnte.

Den­noch muss­te, u.a. sehr gut ein­ge­ar­bei­te­tes Per­so­nal, dass aus­schließ­lich für den Spiel­be­trieb zur Ver­fü­gung stand, frei­ge­stellt wer­den, das Gespenst der Rele­vanz von Arbeits­plät­zen mach­te in allen Betrie­ben die Run­de. Ängs­te vor Infek­ti­ons­ri­si­ken und Exis­tenz­ängs­te und wer­den gesell­schaft­lich noch lan­ge nach­wir­ken, so muss­te auch das Oran­ge­rie Thea­ter sich neu erfin­den, weil frü­he­re Arbeitnehmer:innen par­ti­ell für Auf­ga­ben in der Kul­tur, auf ver­meint­lich kri­sen­si­che­re Arbeits­plät­ze in ande­ren Bran­chen peil­ten. Mit dem Jah­res­be­ginn 2022 herrsch­ten wie­der sta­bi­le Ver­hält­nis­se und das Thea­ter war ins­be­son­de­re per­so­nell wie­der für die künf­ti­gen Anfor­de­run­gen an ein Thea­ter der Frei­en Sze­ne auf­ge­stellt. Koope­ra­tio­nen kehr­ten zurück und wur­den ein­mal mehr erwei­tert. Wäh­rend der Sanie­rung der Stu­dio­büh­ne Köln fan­den auch eini­ge Ver­an­stal­tun­gen der Rei­he Aus­wärts­spie­le im Oran­ge­rie Thea­ter statt, so ermög­lich­ten die see­len­ver­wand­ten Spiel­stät­ten auch die Fort­set­zung des, von der Stu­dio­büh­ne initi­ier­ten Fes­ti­vals Thea­ter­sze­ne Euro­pa. Ein star­kes Zei­chen, wie Soli­da­ri­tät unter Kul­tur­schaf­fen­den funktioniert.

Im April 2022 folg­te Mar­ko Ber­ger, nach sehr inten­si­ven, erfolg­rei­chen 10 Jah­ren, dem Ruf nach einer neu­en Auf­ga­be. Ber­ger deu­te­te an, dass es für das Thea­ter mög­li­cher­wei­se eine gute Chan­ce ist, mit ande­rer Ener­gie in die, nun­mehr real gewor­de­ne Sanie­rung, und ins­be­son­de­re die Zeit danach zu star­ten. Auch sah er sei­nen Schritt als Anre­gung für ver­gleich­ba­re Posi­tio­nen, sol­che kom­ple­xen Auf­ga­ben nicht so lan­ge aus­zu­füh­ren, „bis man mit den Füßen zuerst raus­ge­tra­gen wird.“

Vie­len Dank an Mar­ko Ber­ger für die Fotos und die Mit­ar­beit am Text.

Comments are closed.