Zum Reihenauftakt der unruly readings steht der protestierende Körper im Mittelpunkt. Die Geschwister Ralph und Norwin Tharayil nähern sich in also known as MATA HARI until I expire mit performativen, sprachlichen und musikalischen Mitteln der von der Niederländerin Margaretha Geetruida Zelle erschaffenen Kunstfigur Mata Hari, und recherchieren in ihrer Performance, das, was man eine umgekehrte Aneignung nennen könnte. Die Autorin und Theatermacherin Maria Babusch zieht in ihrem literarischen Essay Hacker auf Estradiol Verbindungslinien von trans Frauen zu Neuen Medien und Technologien, und erzählt in ihrer Lecture Performance von widerständigen Hackerinnen und Whistleblowerinnen.
In einer kulinarischen Performance untersucht die bildende Künstlerin Lucila Pacheco Dehne Migrationsrouten von Pflanzen, deren gewaltvolle Monokultivierung und exotisierende Ausstellung in Europa, und fragt nach dem widerständigen Potenzial, das in unseren Lebensmitteln liegt. Abschließend lädt Kamala Dubrovnik Künstler:innen und Publikum im Garten der Orangerie zu einer Begegnung ein, die die Schwelle zwischen Bühnenraum und Publikum behutsam aufbricht.
Über die Künstler:innen
Ralph Tharayil
ist in der Schweiz als Sohn südindischer Eltern geboren und arbeitet interdisziplinär mit Text in den Bereichen Print, Performance, Audio und Installation. Im Februar 2023 erschien sein literarisches Debüt Nimm die Alpen weg (Voland & Quist/Edition Azur), das mit der Alfred Döblin-Medaille und dem Terra Nova Preis der Schweizerischen Schillerstiftung ausgezeichnet wurde. In der kommenden Spielzeit ist er Hausautor an den Bühnen Bern, wo Nimm die Alpen weg im September zur Uraufführung kommt. Die Arbeit also known as Mata Hari (until i expire) feierte im Juni 2023 Premiere an der Kaserne Basel.
Norwin Tharayil
arbeitet an den Schnittstellen von Text, Sound und Performance. Sein_ihr Hörstück To Drag A Carcass Through The Night Sky wurde 2023 in den Khoj Studios (Neu-Delhi) gezeigt. Die audiovisuelle Arbeit MANOEVER, eine Kollaboration mit Ralph Tharayil und Paula Reissig, ist zurzeit im Center for Literature als Teil der Ausstellung KÖRPER:SPRACHEN zu sehen. Als Elfrid The Third macht Norwin außerdem Musik und veröffentlichte 2023 sein_ihr Debütalbum A CASE OF PARANOIA (mit Ivan Eyes). Das Musikvideo zur Single LOW LOWER SON (feat. Legion Seven), realisiert von Janis Polar, wurde von der Jury bei den m4music Awards zum besten Schweizer Musikvideo 2023 gewählt.
Maria Babusch
studierte Literatur- und Kulturwissenschaft sowie Französisch in Dortmund, Bochum und Leeds, und seit 2023 Literarisches Schreiben an der Kunsthochschule für Medien Köln. Sie wurde u.a. 2021 zum auftakt festival eingeladen und schrieb für das Schauspiel Dortmund, weitere Prosa- und Dramentexte sind in Zeitschriften erschienen. Hacker auf Estradiol ist eine Koproduktion des Museum Ostwall im Dortmunder U und des Rekorder, die 2023 ihre Uraufführung hatte.
Lucila Pacheco Dehne
beschäftigt sich ausgehend von einer bildhauerisch-installativen Praxis mit Fragen zu interkulturellen Widerständen, fragilen Identitäten und zur Umwelt. Durch fiktive Mythen beschreibt sie in Texten Utopien und Parallelwelten, die neue Hybride entstehen lassen und nach solidarischen Momenten suchen. Ihre Arbeiten wurden national und international gezeigt, unter anderem in der Kestner Gesellschaft Hannover, dem Kunstverein Lüneburg und Kunstmuseum Weimar. 2022 wurde sie mit dem Paula Modersohn-Becker Nachwuchspreis ausgezeichnet.
Kamala Dubrovnik
ist freischaffende Künstlerin und Autorin in Köln. In ihrer Arbeit begegnet sie uns als Performerin, Vocal Artist, aber auch als Regisseurin (Ensemble2030, Theater der Keller Köln) und versucht so einen ganzheitlichen Zugang zur Literatur und deren Inszenierung zu schaffen. Inhaltlich setzt sie sich mit existentiellen Themen auseinander – Sex, Tod, Politik – und erschafft dabei eine ironische wie sinnliche Ebene. Momentan feilt sie an ihrem Debütroman, dessen Manuskript 2020 mit dem Rolf-Dieter-Brinkmann-Preis der Stadt Köln ausgezeichnet wurde und veröffentlicht Musik.
Foto: Ralph & Norwin Tharayil | © Johanna Eckhardt