His­to­rie

Fes­tungs­bau­werk – Gar­ten­vil­la – Thea­ter­haus
Die Bau- und Nut­zungs­ge­schich­te des Gelän­des der „Lünet­te 3“ im Köl­ner Volksgarten

Hil­trud Cordes

Glie­de­rung

1. Vor­be­mer­kung
2. Das Fes­tungs­bau­werk „Lünet­te 3“
3. Heu­ti­ger Gebäu­de­be­stand
4. Stadt­er­wei­te­rung und Anla­ge des Volks­gar­tens
5. Wohn­haus für den Gar­ten­di­rek­tor und Gärt­ne­rei
6. Nut­zung als Theater

1. Vor­be­mer­kung

Das Gebäu­de, das heu­te unter dem Namen „Oran­ge­rie“ als Thea­ter genutzt wird, liegt inner­halb des Volks­gar­tens im Bereich der in Res­ten erhal­te­nen „Lünet­te 3“, einem Fes­tungs­bau aus der Zeit des preu­ßi­schen Kölns. Zusam­men mit ver­schie­de­nen Neben­ge­bäu­den sowie den dazwi­schen­lie­gen­den Frei­flä­chen bil­den Oran­ge­rie und „Lünet­te 3“ ein Ensem­ble, das vom umge­ben­den Volks­gar­ten durch eine Mau­er abge­trennt ist. Bei den Neben­ge­bäu­den han­delt es sich um einen Holz­schup­pen, der an eine Mau­er vor der „Lünet­te 3“ ange­baut wur­de; und schließ­lich um zwei Glas­häu­ser, die zusam­men mit dem heu­ti­gen Thea­ter­haus einen von drei Sei­ten umschlos­se­nen Innen­hof bilden.

Der Volks­gar­ten – und mit ihm das soeben beschrie­be­ne Gelän­de der „Lünet­te 3“ – wur­de am 1. Juli 1980 unter Denk­mal­schutz gestellt. Auf dem Gelän­de der „Lünet­te 3“ bezieht die­ser Denk­mal­schutz sich auf die Res­te des Fes­tungs­wer­kes und das Thea­ter­ge­bäu­de, nicht jedoch auf die Schup­pen, Glas­häu­ser und Gärtnerei-Gebäude.

Dem Ver­such einer Rekon­struk­ti­on der Bau- und Nut­zungs­ge­schich­te die­ses Gelän­des steht im Wege, dass vie­le Quel­len durch die fast völ­li­ge Zer­stö­rung der Stadt Köln im Zwei­ten Welt­krieg wie auch durch die Umstruk­tu­rie­rung des Grün­flä­chen­am­tes ver­lo­ren­gin­gen. Fest steht jedoch, dass sei­ne Ent­ste­hung mit zwei zeit­lich auf­ein­an­der­fol­gen­den Abschnit­ten der Köl­ner Stadt­ent­wick­lung in Ver­bin­dung steht, nämlich:

  • dem Aus­bau der Stadt­be­fes­ti­gung in der ers­ten Hälf­te des 19. Jahr­hun­derts sowie
  • der Stadt­er­wei­te­rung und der Ent­ste­hung des Volks­gar­tens in den 80er Jah­ren des 19. Jahrhunderts

Abb. 1: Thea­ter­ge­bäu­de mit Glas­häu­sern und Innen­hof, Ansicht von Nord­wes­ten (Alle Fotos, soweit nicht anders ange­ge­ben: Hil­trud Cordes)


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2. Das Fes­tungs­bau­werk „Lünet­te 3“

Kurz nach­dem Köln 1815 durch Beschluss des Wie­ner Kon­gres­ses an das König­reich Preu­ßen gefal­len war, wur­de außer­halb der mit­tel­al­ter­li­chen Stadt­mau­er eine Serie von Befes­ti­gungs­bau­wer­ken errich­tet. Der Auf­bau der Stadt­be­fes­ti­gung sah vor, dass sich jeweils ein Fort und ein etwas wei­ter stadt­ein­wärts gele­ge­nes, klei­ne­res Fes­tungs­werk abwech­seln soll­ten. Die­se klei­ne­ren Fes­tungs­bau­ten, „Lünet­ten“ (von fran­zö­sisch ‚la lunet­te’, Ver­klei­ne­rungs­form von Mond = Mönd­chen) genannt, umschlos­sen schüt­zend ein sog. Frie­dens­pul­ver­ma­ga­zin. Lt. Zan­der (1944:452) wur­de „…im Jah­re 1841 zwi­schen den Forts 3 und 4, vor der Ulre­pfor­te gele­gen, ein neu­es Pul­ver­ma­ga­zin errich­tet, dem die Num­mer 3 gege­ben wur­de“. Anschei­nend wur­de also die „Lünet­te 3“ spä­ter erbaut als die übri­gen Lünet­ten. Die Lage der „Lünet­te 3“ in Bezug zu den benach­bar­ten Forts ist auf dem ent­spre­chen­den Aus­schnitt des „Situa­ti­ons­plans Cöln-Deutz von 1873“ gut erkennbar.


Abb 2: Aus­schnitt aus dem „Situa­ti­ons­plan Cöln-Deutz von 1873“ (His­to­ri­sches Archiv der Stadt Köln)

Typi­scher­wei­se ist die Grund­riss­form einer Lünet­te eine im stump­fen Win­kel gebro­che­ne Front­li­nie mit zwei kür­ze­ren Flan­ken; dar­aus ergibt sich eine nach hin­ten (= zur Stadt hin) offe­ne, fünf­ecki­ge Grund­riss­li­nie. An der Spit­ze der gebro­che­nen Front­li­nie lau­fen die bei­den Facen, also die bei­den dem Angrei­fer zuge­wand­ten Sei­ten, zusam­men, und auf der Rück­sei­te steht das Pul­ver­ma­ga­zin. Abge­se­hen vom recht­ecki­gen Grund­riss des Frie­dens­pul­ver­ma­ga­zins gibt es kei­ne Quel­len, die unmit­tel­ba­re Rück­schlüs­se auf sei­ne Gestalt zulas­sen. Grund­sätz­lich han­delt es sich bei Frie­dens­pul­ver­ma­ga­zi­nen um ein­ge­schos­si­ge, mas­si­ve Bau­wer­ke mit dicken Mau­ern. Sie dien­ten – wie der Name schon sagt – zur Lage­rung von Pul­ver­vor­rä­ten in Frie­dens­zei­ten, wel­che man wegen der Explo­si­ons­ge­fahr aus Sicher­heits­grün­den außer­halb der bewohn­ten Innen­stadt­ge­bie­te ansie­del­te. Im Kriegs­fall, wel­chen die hier beschrie­be­ne „Lünet­te 3“ jedoch nie erleb­te, wären die Pul­ver­vor­rä­te in ein Kriegs­pul­ver­ma­ga­zin ver­la­gert worden.

Das heu­ti­ge Thea­ter­ge­bäu­de nimmt exakt die sel­be Posi­ti­on ein wie das ursprüng­li­che Frie­dens­pul­ver­ma­ga­zin, ist jedoch in sei­ner ver­gleichs­wei­se leich­ten Bau­wei­se mit den gro­ßen Fens­tern sicher­lich mit die­sem nicht iden­tisch. Die Umwand­lun­gen des Pul­ver­ma­ga­zins bis hin zur heu­ti­gen Gestalt des Thea­ter­ge­bäu­des wer­den nach­fol­gend diskutiert.

Die noch vor­han­de­nen Tei­le des erd­be­deck­ten Walls der „Lünet­te 3“ ber­gen drei eben­falls erhal­te­ne Hohl­bau­ten oder Kase­mat­ten; anhand ihrer Lage und Grö­ße und unter Hin­zu­zie­hung von Ver­gleichs­ma­te­ri­al hat der Fes­tungs­his­to­ri­ker Bernd von der Fel­sen eine vir­tu­el­le Rekon­struk­ti­on der „Lünet­te 3“ vor­ge­nom­men. Wäh­rend die mitt­le­re Kase­mat­te als Ver­brauchs­pul­ver­ma­ga­zin im Kriegs­fall vor­ge­se­hen war, han­delt es sich beim rech­ten und lin­ken Hohl­bau um sog. „Hohl­tra­ver­sen“, denen ver­schie­de­nen Auf­ga­ben, wie Unter­brin­gung von Waf­fen, Geschüt­zen und Mann­schaft zuka­men (münd­li­che Mit­tei­lung Bernd von der Felsen).

Die „Lünet­te 3“ ist heu­te die ein­zi­ge der ehe­mals neun Köl­ner Lünet­ten, die noch in Res­ten erhal­ten ist. Ledig­lich die Wäl­le der Lünet­te 9 sind noch im Deut­zer Stadt­gar­ten sichtbar.


Abb. 3: Rekon­struk­ti­on der „Lünet­te 3“ (Bernd von der Fel­sen 2006)

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3. Heu­ti­ger Gebäudebestand

Das Gelän­de, auf dem sich heu­te das Thea­ter­ge­bäu­de befin­det, liegt in der nord­öst­li­chen Ecke des Volks­gar­tens, leicht zurück­ver­setzt von der Stra­ßen­kreu­zung Volks­gar­ten­stra­ße / Vor­ge­birgs­stra­ße. Im hin­te­ren Gelän­de­be­reich, also zum Volks­gar­ten hin, befin­den sich die Res­te der „Lünet­te 3“. Der erd­be­deck­te Wall ist mitt­ler­wei­le mit Bäu­men und Sträu­chern über­wu­chert. Erkenn­bar sind noch eini­ge Res­te einer Natur­stein- und einer Back­stein­mau­er, jedoch sind die­se Res­te so spär­lich, dass sich die ursprüng­li­che Gestalt der Lünet­te hier­aus nicht mehr erschließt.

Am bes­ten erhal­ten ist eine ca. 14 m brei­te Back­stein­mau­er, die nicht zum urspüng­li­chen Bestand des Fes­tungs­wer­kes gehört, son­dern die­sem vor­ge­setzt wur­de (sie­he Abb. 3, obe­re gel­be Mar­kie­rung). Von hier füh­ren zwei der drei oben beschrie­be­nen Hohl­räu­me in den Erd­wall; ledig­lich die rech­te Kase­mat­te ist noch vom ori­gi­na­len Mau­er­werk der Lünet­te ein­ge­rahmt. An die Back­stein­mau­er wur­den spä­ter – ver­mut­lich nach dem 2. Welt­krieg – zwei unter­des­sen bau­fäl­li­ge Holz­schup­pen ange­baut, die heu­te not­dürf­tig als Thea­ter­werk­stät­ten und Lager genutzt werden.


Abb. 4: Aktu­el­ler Bebau­ungs­plan 1:250

Das Thea­ter­ge­bäu­de selbst ist 26,21 m lang und 11,44 m breit. Der Haupt­ein­gang öff­net sich nach Nord-Nord­ost auf einen Park­weg, der par­al­lel zur Volks­gar­ten­stra­ße ver­läuft. Das Gebäu­de besteht aus Hoch­par­terre und einem Sou­ter­rain-Geschoss. Im Hoch­par­terre befin­den sich der Thea­ter­raum (ca. 180 qm) und das Thea­ter­bü­ro, das in einem vom Haupt­raum abge­trenn­ten Bereich liegt. Die­ser ca. 60 qm gro­ße Bereich wur­de bereits vor der Thea­ter­nut­zung bau­lich ver­än­dert: Die Decke wur­de abge­hängt, es wur­den zwei Zim­mer, eine Küche, ein WC und ein Bad abge­teilt bzw. ein­ge­baut, und der Sei­ten­ein­gang, zu dem eine Trep­pe hoch­führt, wur­de bau­lich ver­än­dert. Dem Stil die­ser Trep­pe, der Ein­gangs­tür und den sani­tä­ren Ein­rich­tun­gen nach zu urtei­len, dürf­te die­ser Umbau in den 50er Jah­ren des 20. Jahr­hun­derts durch­ge­führt wor­den sein – mög­li­cher­wei­se zeit­gleich mit dem Anbau der Holz­schup­pen an die Lünetten-Mauer.


Abb. 5: Res­te der „Lünet­te 3“: Back­stein­mau­er mit Kase­mat­te (Foto: Gün­ther Heitzmann)

Auch auf der ande­ren Längs­sei­te des Gebäu­des wur­de eine Ver­än­de­rung vor­ge­nom­men: eine Ein­gangs­tür wur­de ver­brei­tert und eine Beton-Ram­pe ange­baut, über die der Haupt­raum im Hoch­par­terre stu­fen­los mit dem Kel­ler ver­bun­den wurde.

Das Dach des Gebäu­des wur­de ver­mut­lich nach dem 2. Welt­krieg aufgesetzt.


Abb. 6: Ein­gang zum Büro­be­reich (Ansicht von Südosten)


Abb. 7: Theaterraum

An das Thea­ter­ge­bäu­de wur­den wei­ter­hin zwei Glas­häu­ser ange­baut, die im rech­ten Win­kel zuein­an­der ste­hen und zusam­men mit dem Haupt­ge­bäu­de ein nach einer Sei­te hin offe­nes, hof­ar­ti­ges Vier­eck bil­den, wel­ches eine Rasen­flä­che umschließt. Die Anord­nung die­ser drei Gebäu­de und ihre Tren­nung vom Volks­gar­ten durch den erd­be­deck­ten Lünet­ten-Wall ver­lei­hen dem Gelän­de einen in sich abge­schlos­se­nen Charakter.

Die bau­li­chen Ver­än­de­run­gen, die an dem heu­ti­gen Thea­ter­ge­bäu­de vor­ge­nom­men wur­den wie auch die Ergän­zung des Gebäu­de-Bestan­des durch Glas­häu­ser, Schup­pen und Gärt­ne­rei-Gebäu­de ste­hen in Zusam­men­hang mit der Umwid­mung des Gelän­des vom Fes­tungs­bau­werk zum Gärt­ne­rei-Gelän­de inner­halb des Volksgartens.

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4. Stadt­er­wei­te­rung und Anla­ge des Volksgartens

In der Zeit zwi­schen dem Bau­be­ginn der preu­ßi­schen Befes­ti­gungs­an­la­gen bis zum Ende der zwei­ten Bau­pha­se hat­te sich die Bewoh­ner­zahl der Stadt Köln ver­dop­pelt (1815: 48.000 Ein­woh­ner, 1852: 96.524 Ein­woh­ner). Da das Wohn­ge­biet auf den Bereich inn­ner­halb der mit­tel­al­ter­li­chen Stadt­mau­ern begrenzt war, weil die preu­ßi­sche Mili­tär­ver­wal­tung einen 1 km brei­ten Strei­fen rings um die Mau­ern als frei­es Schuß­feld bean­spruch­te, herrsch­te drang­vol­le Enge in der Stadt. 1880 war mit einer Ein­woh­ner­zahl von 398 Per­so­nen pro Hekt­ar die Bevöl­ke­rungs­dich­te in Köln fast vier­mal so hoch wie in Ber­lin (112 Einwohner/Hektar) (West­feh­ling 1980:23).

Die preu­ßi­schen Mili­tär­an­la­gen ver­hin­der­ten ein lang­sa­mes Wachs­tum der Stadt. Bereits 1864 hat­te es ers­te Plä­ne für eine Stadt­er­wei­te­rung gege­ben, doch erst 1881 gelang es der Stadt­ver­wal­tung nach zähen Ver­hand­lun­gen, die Befes­ti­gungs­an­la­gen anzu­kau­fen. Unter Stadt­bau­meis­ter H.J. Stüb­ben wur­de die Pla­nung der Neu­stadt auf einer Brei­te von 600 m in Angriff genom­men. Das zur Neu­be­bau­ung frei­ge­ge­be­ne Are­al war mit ins­ge­samt 448 Hekt­ar grö­ßer als das bis­he­ri­ge Stadt­ge­biet inner­halb der mit­tel­al­ter­li­chen Mau­ern (402 Hekt­ar). „Am 11. Juni 1881 wur­den die ers­ten Tei­le der Stadt­mau­er abge­bro­chen. Was eigent­lich ein Denk­mal köl­ni­schen Mit­tel­al­ters war, hat­te sich im Bewußt­sein der Zeit in ein Sym­bol der unge­lieb­ten preu­ßi­schen Herr­schaft ver­wan­delt. So gestal­te­te sich der Mau­er­ab­bruch zum Freu­den­fest.“ (West­feh­ling 1980:24).

Ange­sichts der hohen Bevöl­ke­rungs­dich­te vor der Stadt­er­wei­te­rung ist nicht ver­wun­der­lich, dass es der Stadt erheb­lich an Grün­flä­chen man­gel­te. Daher war in Stüb­bens Neu­stadt­pla­nung auch die Anla­ge eines gro­ßen öffent­li­chen Parks vor­ge­se­hen. 1888 schrieb Stüb­ben selbst über die Ent­ste­hung des Volksgartens:

„Die­ser Park hat nicht an die­je­ni­ge Stel­le gelegt wer­den kön­nen, wel­che plan­mäs­sig ursprüng­lich dafür bestimmt war, weil dort die Grund­er­werbs­ver­hand­lun­gen mit den zahl­rei­chen Besit­zern nicht das erwünsch­te Ergeb­nis hat­ten. Ein Stadt­ver­ord­ne­ter, der ver­stor­be­ne Com­mer­ci­en­rath Kae­sen, unter­nahm es daher, für eige­ne Rech­nung und Gefahr an ande­rer Stel­le unge­fährt sechs­zig ver­schie­de­ne Pri­vat­grund­stü­cke zusam­men zu kau­fen, wel­che eine zusam­men­hän­gen­de Flä­che von annä­hernd 10 ha bil­de­ten und mit zwei im Besitz der Stadt befind­li­chen alten Fes­tungs­wer­ken (Fort IV und Lünet­te 3) sowie meh­re­ren spä­ter erwor­be­nen Par­zel­len zur Schaf­fung eines städ­ti­schen Parks der­art sich eig­ne­ten, dass auch die den Park umge­ben­den Bau­grund­stü­cke Eigent­hum der Stadt wur­den. Herr Kae­sen bot, nach­dem ihm der müh­sa­me Ankauf für einen Geld­be­trag von rund 680 000 Mark gelun­gen war, im Som­mer 1886 der Stadt die sämmt­li­chen Grund­stü­cke zum Ein­kaufs­prei­se an und stif­te­te dane­ben einen beson­de­ren Geld­be­trag für eine Ver­schö­ne­rungs­an­la­ge des neu­en Parks. Die Stadt­ver­ord­ne­ten-Ver­samm­lung nahm das Ange­bot mit leb­haf­tem Dan­ke an, schrieb eine Preis­be­wer­bung zur Erlan­gung von Ent­wür­fen aus und bewil­lig­te im Novem­ber 1887 auf Grund des inzwi­schen vom Gar­ten­di­rec­tor Kowal­lek fest­ge­stell­ten Pla­nes zur Aus­füh­rung die Sum­me von rund 483 000 Mark.“ (Stüb­ben 1888:330)


Abb. 9: Adolf Kowallek(1851–1902) trat 1887 die neu geschaf­fe­ne Stel­le des Gar­ten­di­rek­tors zu Köln an (Quel­le: Internet)

Für die erwähn­te „Preis­be­wer­bung“, also einen öffent­li­chen land­schafts­ar­chi­tek­to­ni­schen Wett­be­werb, gin­gen zwi­schen März und Okto­ber 1887 ins­ge­samt 44 Ent­wür­fe bei der Stadt ein (anonym 1887:351). Sowohl die Aus­schrei­bungs­un­ter­la­gen, als auch die Ent­wür­fe der Preis­trä­ger und ihre Erläu­te­run­gen ent­hal­ten eini­ge wich­ti­ge Hin­wei­se auf das Schick­sal der „Lünet­te 3“ und des heu­ti­gen Theatergebäudes.

In der Aus­schrei­bung wur­de sei­tens der Stadt Köln eine Rei­he von Anfor­de­run­gen an den neu­en Park for­mu­liert. So soll­te der Volks­gar­ten ein Restau­ra­ti­ons- und Kon­zert­ge­bäu­de ent­hal­ten, einen gro­ßen Teich mit „Spring­strahl, Schwa­nen- und Enten­haus“, einen „zur Auf­stel­lung eines Denk­mals geeig­ne­ten, schön gele­ge­nen Platz“, und wei­ter­hin war „an pas­sen­der Stel­le die Woh­nung für den Gar­ten­di­rec­tor mit den erfor­der­li­chen Neben­bau­lich­kei­ten“ vor­zu­se­hen (anonym 1887:351).

Der Abschnitt 7 lau­tet: “Das Kern­werk und die Grä­ben des alten Forts IV, sowie das Gebäu­de und die Ober­flä­chen­ge­stal­tung der alten Lünet­te III kön­nen bei­be­hal­ten und mit dem Park land­schaft­lich ver­ei­nigt wer­den.“ (anonym 1887:351)

Zum fünf­köp­fi­gen Preis­ge­richt gehör­ten neben Ober­bür­ger­meis­ter Becker auch die Her­ren Stüb­ben und Kae­sen. Als Preis­geld wur­den 2.000 Mark für den bes­ten und 1.000 Mark für den zweit­bes­ten Ent­wurf aus­ge­lobt; damit wur­den die Ent­wür­fe Eigen­tum der Stadt Köln, ohne dass die­se sich dazu ver­pflich­te­te, sie zur Aus­füh­rung zu brin­gen. Tat­säch­lich wur­den nicht die Ent­wür­fe der bei­den Preis­trä­ger Ernst Fin­ken (1. Preis) oder Edu­ard Hop­pe (2. Preis), son­dern der­je­ni­ge des Gar­ten­di­rec­tors Adolf Kowal­lek ausgeführt.

Ernst Fin­ken, Ober­gärt­ner in Bocken­heim, griff den Vor­schlag von Abschnitt 7 der Aus­schrei­bung auf und ent­schied: „Von den bei­den … alten Fes­tungs­wer­ken ist die Lünet­te III in ihrer Ober­flä­chen-Gestal­tung aus Pie­tät bei­be­hal­ten und die Errich­tung einer Mol­ke­rei mit Lau­ben­gän­gen und Sitz­plät­zen, wie im Pla­ne ange­deu­tet, als pas­send vor­ge­schla­gen.“ (anonym 1887:354) Auch Edu­ard Hop­pe, Land­schafts­gärt­ner in Ber­lin, behielt in sei­nem Ent­wurf das Frie­dens­pul­ver­ma­ga­zin der „Lünet­te 3“ bei, doch anstel­le des Fes­tungs­wer­kes sah er die Gärt­ne­rei mit Woh­nung für den Gar­ten­di­rec­tor vor. Hier­zu erläu­tert er: „Die Woh­nung für den Gar­ten­di­rec­tor soll auf der in der Lünet­te lie­gen­den Bau­lich­keit so her­ge­stellt wer­den, daß auf der­sel­ben ein Stock­werk auf­ge­setzt wird“ (anonym 1887:355).

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5. Wohn­haus für den Gar­ten­di­rek­tor und Gärtnerei

Obwohl der anony­me Kri­ti­ker die­ser Ent­wür­fe in „Möller’s Deut­scher Gärt­ner-Zei­tung“ der Mei­nung ist, „die Lage der Gärt­ne­rei auf der Lünet­te (sei) wegen der etwas zugi­gen Lage und des durch den Baum­be­stand gege­be­nen Schat­tens weni­ger güns­tig“ (anonym 1887:353), folg­te Kowal­lek in die­ser Hin­sicht dem Ent­wurf Hop­pes und ent­schied sich dafür, auf dem Gelän­de der „Lünet­te 3“ die Gärt­ne­rei sowie sei­ne Dienst­woh­nung anzu­sie­deln. In sei­nem „Kos­ten­an­schlag und Bericht über die Her­stel­lung des Volks­gar­ten“ vom 8.10.1887, also dem Plan, den er der Stadt­ver­wal­tung vor­leg­te, schrieb Kowal­lek, dass er das vor­han­de­ne Frie­dens­pul­ver­ma­ga­zin zu sei­ner Dienst­woh­nung aus­bau­en und dar­an anschlie­ßend die Gärt­ne­rei unter­brin­gen wol­le, da hier auch aus­rei­chend Platz für die Unter­brin­gung von Gerä­ten, Werk­zeu­gen und Bau­ma­te­ria­li­en sei (His­to­ri­sches Archiv der Stadt Köln, Alt­ak­te Gar­ten­bau­ab­tei­lung „Der Volksgarten“).

Aus den Alt­ak­ten der Gar­ten­bau­ab­tei­lung im His­to­ri­schen Archiv der Stadt Köln ist eini­ges über den Ver­lauf der Bau­maß­nah­men des Volks­gar­tens zu ent­neh­men; lei­der fehlt im Bestand eine Akte mit dem Titel „Wohn­haus des Gar­ten­di­rek­tors im Volks­gar­ten“, die sicher detail­liert Auf­schluss über das Gebäu­de und sei­ne Ent­ste­hung gege­ben hätte.

Nach­dem im Novem­ber 1887 die Mit­tel für den Volks­gar­ten bewil­ligt wor­den waren, mach­te Kowal­lek sich unver­züg­lich an die Arbeit. Am 22. Novem­ber frag­te er bei Stadt­bau­meis­ter Stüb­ben schrift­lich an, ab wann ihm das Gebäu­de in der alten „Lünet­te 3“ zur Ver­fü­gung ste­hen kön­ne, da er bald einen abschließ­ba­ren Raum für die Gerüs­te und Werk­zeu­ge benö­ti­ge, wie auch einen gro­ßen Raum zum Auf­ent­halt für die Arbei­ter, in wel­chem sie ihre Mahl­zei­ten ein­neh­men könnten.


Abb. 10: Ent­wurf Adolf Kowallek

Plan­mä­ßig schrit­ten die Bau­ar­bei­ten am Volks­gar­ten vor­an. Am 14. Janu­ar 1888 frag­te Kowal­lek bei der Stadt­ver­wal­tung an, ob mit den Abbruch­ar­bei­ten an Fort IV und Lünet­te 3 begon­nen wer­den kön­ne. Wie bereits erwähnt, exis­tie­ren kei­ne Ori­gi­nal-Bau­plä­ne die­ses Wohn­hau­ses mehr. Es spricht jedoch nichts gegen die Annah­me, dass Kowal­lek wie geplant im wei­te­ren Ver­lauf des Jah­res 1888 das Pul­ver­ma­ga­zin umbau­en ließ. Die Mau­ern im heu­ti­gen Sou­ter­rain-Geschoss des Thea­ter­ge­bäu­des wei­sen die exak­te Dicke von 1,50 m auf, die für preu­ßi­sche Fes­tungs­bau­wer­ke vor­ge­schrie­ben war; und es gibt kei­nen Hin­weis dar­auf, dass das vor­han­de­ne Frie­dens­pul­ver­ma­ga­zin abge­ris­sen wurde.

Aller­dings wirft das Boden­ni­veau rund um das Gebäu­de Fra­gen auf. Das ursprüng­li­che Frie­dens­pul­ver­ma­ga­zin war sicher­lich nicht in den Boden ein­ge­las­sen, son­dern eben­erdig erbaut. Heu­te dage­gen liegt es als Sou­ter­rain halb im Erd­reich ver­senkt, und dar­auf befin­det sich eine als Hoch­par­terre aus­ge­bil­de­te Eta­ge mit den Haupt­räu­men (Thea­ter­saal und Büro­be­reich). Zu ver­mu­ten ist, dass mit dem Erd­reich, das beim Abriss der „Lünet­te 3“ anfiel, der Boden rund um die neue Dienst­vil­la bis zum heu­ti­gen Niveau auf­ge­schüt­tet wur­de. Anstel­le des Daches des Pul­ver­ma­ga­zins trat ein Gewöl­be, das fort­an Kel­ler- und Erd­ge­schoss von­ein­an­der trenn­te. Auf das Hoch­par­terre wur­de ein Ers­tes Teil-Ober­ge­schoss aufgesetzt.

Acht Jah­re nach der ver­mut­li­chen Fer­tig­stel­lung jedoch scheint das Wohn­haus zu klein bemes­sen gewe­sen zu sein, denn es wur­de eine Erwei­te­rung in Form eines unter­kel­ler­ten Anbaus an das Erd­ge­schos­ses vor­ge­nom­men. Im heu­ti­gen Kel­ler ist deut­lich der Unter­schied in der Mau­er­di­cke zwi­schen dem älte­ren Pul­ver­ma­ga­zin und dem Anbau erkenn­bar. Von die­sem Umbau im Jahr 1896 liegt eine Ansichts­zeich­nung von Nord­wes­ten vor, aus der die Gestalt des Gebäu­des erst­mals ersicht­lich ist.


Abb. 11: Bau­li­che Erwei­te­rung (Erd­ge­schoss) 1896

Die hier sicht­ba­re Fas­sad­en­glie­de­rung ist auch heu­te noch klar zu erken­nen, auch wenn eini­ge bau­li­che Ver­än­de­run­gen vor­ge­nom­men wur­den: das ers­te Fens­ter (von links) fehlt spur­los, die Ein­gangs­tür wur­de ver­brei­tert, und das mitt­le­re Fens­ter im Anbau wur­de voll­stän­dig zuge­mau­ert, wäh­rend am rech­ten und lin­ken Fens­ter jeweils nur die Run­dun­gen im obe­ren Bereich zuge­mau­ert wur­den. Das Teil-Ober­ge­schoss fehlt heu­te vollständig.

Eine recht über­zeu­gen­de Dar­stel­lung von Kowall­eks Wohn­haus aus dem Jahr der Anbau­pla­nung, jedoch vor sei­ner Aus­füh­rung, fin­det sich auf einem Aqua­rell von Jakob Schei­ner. In der unge­wöhn­lich gro­ßen (107 x 208 cm), von der Stadt­ver­wal­tung in Auf­trag gege­be­nen Arbeit „Köln 1896, Vogel­schau­an­sicht von Süd­wes­ten“, die im Stadt­mu­se­um aus­ge­stellt ist, ist Köln 15 Jah­re nach Beginn der Stadt­er­wei­te­rung minu­ti­ös abge­bil­det. Auf­grund der Ansicht aus süd­west­li­cher Rich­tung liegt der Volks­gar­ten im rech­ten Vor­der­grund des Bil­des; die Details sind in die­sem Bereich so genau aus­ge­ar­bei­tet, dass man die ein­zel­nen Spa­zier­gän­ger erken­nen kann – und natür­lich auch die Gebäu­de, die auf dem Gelän­de der Lünet­te 3 lie­gen (im Aus­schnitt Mit­te rechts).


Abb. 12: Aus­schnitt „Nord­ost-Bereich des Volks­gar­tens“ (aus: Jakob Schei­ner 1896)

Schei­ner hat eine anspre­chen­de Vil­la gezeich­net, deren Gebäu­de­glie­de­rung mit quer­ge­stell­tem Mit­tel­teil und ein­ge­schos­si­gem Bereich zum Volks­gar­ten hin der Ansichts­zeich­nung von der Erwei­te­rungs­pla­nung ent­spricht. Ledig­lich die Anzahl der Fens­ter zum Park hin betrug ver­mut­lich damals wie heu­te zwei – und nicht drei. Die röt­lich-brau­ne Far­be des Hau­ses deu­tet auf eine unver­putz­te Back­stein­bau­wei­se hin.

Auch heu­te sind am Gebäu­de kei­ne Res­te von Putz zu erken­nen, wohl aber Res­te eines nicht fach­ge­rech­ten, vor­mals wei­ßen Anstrichs, der unter­des­sen weit­ge­hend abge­blät­tert ist.

Unklar ist, war­um der Künst­ler an der im Bild rech­ten Sei­te des Hau­ses einen vor­sprin­gen­den Anbau abge­bil­det hat und wel­ches Gebäu­de rechts neben dem Wohn­haus dar­ge­stellt ist. Per­spek­ti­visch kor­rekt liegt die­ses leicht ver­deckt hin­ter dem Erd­wall der Lünet­te 3, etwa an der Stel­le, wo sich heu­te der Gebäu­de­kom­plex der ehe­ma­li­gen Gärt­ne­rei befin­det. Die Anla­ge der Gärt­ne­rei aus dem Ent­wurf von Kowal­lek ist auf Schein­ers Aqua­rell dage­gen nicht erkennbar.

Geht man von einer Fer­tig­stel­lung des Wohn­hau­ses im Ver­lauf des Jah­res 1888 aus, so ist wei­ter­hin anzu­neh­men, dass Kowal­lek das Haus im sel­ben Jahr bezog und dort bis zu sei­nem Tod im Jahr 1902 wohn­te. Zu die­sem Zeit­punkt war Adolf Kowal­lek erst 51 Jah­re alt; 15 Jah­re lang hat­te er das Amt des Gar­ten­di­rek­tors bekleidet.

Sein Nach­fol­ger war Fritz Encke (1861 – 1931), der von 1903 bis zum Ende sei­ner Dienst­zeit 1926 mit sei­ner Fami­lie in der Vil­la im Volks­gar­ten wohnte.


Abb. 13: Fritz Encke (Quel­le: Internet)

Gleich zu Beginn sei­ner Amts­zeit am 1. April 1903 scheint Fritz Encke eine Erwei­te­rung der Gärt­ne­rei neben sei­nem Wohn­haus ver­an­lasst zu haben.



Abb. 14: Bau­li­che Ver­än­de­rung der Gärt­ne­rei 1903

Ähn­lich wie im Fall des Wohn­hau­ses selbst exis­tie­ren für die­se Gärt­ne­rei kei­ne Ori­gi­nal-Bau­plä­ne mehr, und die Anla­ge wird durch die Erwei­te­rungs­pla­nung erst­mals über­haupt ersicht­lich. Die Zeich­nung stellt die „Umge­stal­tung eines offe­nen Schup­pens zu einem geschlos­se­nen Über­win­te­rungs­raum für Zier­bäu­me“ dar. Das heu­ti­ge Thea­ter­ge­bäu­de ist erwar­tungs­ge­mäß mit „Wohn­ge­bäu­de des Direc­tors“ beschrif­tet. Bei den mit „Gärt­ne­rei“ bezeich­ne­ten schma­len Recht­ecken inner­halb der Bebau­ung han­del­te es sich ver­mut­lich um Blumenbeete.

Die Anord­nung der gesam­ten Anla­ge ent­spricht in ihrer Aus­rich­tung im Gro­ßen und Gan­zen sowohl der Pla­nung von Adolf Kowal­lek als auch dem heu­ti­gen Gebäu­de­be­stand. Im Detail sind die Berei­che der Anla­ge jedoch nur schwer­lich den heu­te noch vor­han­de­nen, teil­wei­se unter­kel­ler­ten Bau­ten zuzu­ord­nen. Obwohl Gärt­ne­rei und Dienst­vil­la zwei­fel­los ein bau­li­ches Ensem­ble inner­halb der Gren­zen des frü­he­ren Fes­tungs­bau­wer­kes „Lünet­te 3“ dar­stel­len, wird der Bestand offen­sicht­lich nicht als denk­mal­wür­dig betrach­tet, denn wie bereits erwähnt ist der Abriss der Gebäu­de geplant.

Auf­grund der über 20jährigen Wohn­dau­er von Fritz Encke und sei­ner Fami­lie auf dem Gärt­ne­rei-Gelän­de im Volks­gar­ten ist die Bio­gra­phie die­ses bedeu­ten­den deut­schen Gar­ten­ar­chi­tek­ten natur­ge­mäß eng mit die­sem Gelän­de ver­knüpft. So leg­te Encke auch neben sei­nem Wohn­haus und auf den Über­res­ten der „Lünet­te 3“ einen Gar­ten an, den er 1920 in einer Gar­ten­zeit­schrift aus­führ­lich beschreibt. (Encke 1920)

Eben­falls in die Amts­zeit von Fritz Encke fiel eine zwei­te bau­li­che Erwei­te­rung des Wohn­ge­bäu­des, die mit Ansichts­zeich­nun­gen von Nord­wes­ten und Wes­ten sowie mit Grund­riss­skiz­zen doku­men­tiert ist. 1908 geplant und im dar­auf­fol­gen­den Jahr noch­mals leicht abge­än­dert, han­delt es sich um einen Anbau im ers­ten Ober­ge­schoss zur Ver­grö­ße­rung der Schlaf­zim­mer – ver­mut­lich in der Absicht, Platz für die wach­sen­den Kin­der­schar der Fami­lie Encke zu schaf­fen. Seit dem Anbau von 1896 hat­te es bis dahin offen­sicht­lich nur eine klei­ne bau­li­che Ver­än­de­rung gege­ben: Der Win­ter­gar­ten war durch einen offe­ne Ter­ras­se ersetzt worden.


Abb. 15: Bau­li­che Erwei­te­rung (Dach) 1908

Die Grund­ris­se auf der Pla­nung von 1908 sind inso­fern inter­es­sant, als die Funk­tio­nen der ein­zel­nen Räu­me ein­ge­zeich­net sind und damit einen Ein­blick in das häus­li­che Leben der Bewoh­ner gestat­ten. Betrat man das Haus durch den Haupt­ein­gang, so lagen links der Salon und das Ess­zim­mer, gera­de­aus ging es ins Her­ren­zim­mer, und rechts dane­ben lag das Kin­der­zim­mer. Auf der rech­ten Sei­te des Haus­flurs führ­te ein schma­ler Gang zu Küche und Spei­se­kam­mer, und eine zwei­te Tür öff­ne­te sich zum Zim­mer des Direc­tors, neben dem sich ein Vor­zim­mer befand. Der Anbau von 1896 besaß – wie auch heu­te noch der Fall – an der ande­ren Längs­sei­te des Hau­ses einen Sei­ten­ein­gang. Hier waren ein Büro mit Zugang zum Vor­zim­mer sowie ein Raum mit der Bezeich­nung „Gehil­fe“ unter­ge­bracht. Im unter­des­sen nicht mehr vor­han­de­nen Ober­ge­schoss waren Dach­kam­mern, Schlaf­zim­mer und ein Bad untergebracht.

Nach der Pen­sio­nie­rung Fritz Enckes 1926 folg­te Josef Gie­sen, ein guter Freund Kon­rad Ade­nau­ers (Schwarz 1995:262) ihm im Amt. Aus poli­ti­schen Grün­den wur­de Gie­sen unmit­tel­bar nach der nazio­nal­so­zia­lis­ti­schen Macht­er­grei­fung 1933 durch Paul Thys­sen ersetzt. Ob Gie­sen und/oder Thys­sen in der Vil­la im Volks­gar­ten ihren Wohn­sitz hat­ten, ist nicht bekannt.

Was geschah mit dem Ober­ge­schoss des Gebäu­des? In Erman­ge­lung von Quel­len, die die­se Fra­ge beant­wor­ten könn­ten bleibt vor­erst nur die Ver­mu­tung, dass das Ober­ge­schoss im Zwei­ten Welt­krieg zer­stört wurde.

Wahr­schein­lich waren die Schä­den am Haus so erheb­lich, dass ent­schie­den wur­de, es nicht wie­der auf­zu­bau­en, son­dern es mit einer ein­fa­chen Dach­kon­struk­ti­on vor der Wit­te­rung zu schüt­zen, zu ent­ker­nen und fort­an zur Über­win­te­rung von Kübel­pflan­zen zu nut­zen. In die­sem Zuge wur­den nach 1946 ver­mut­lich auch die bei­den Glas­häu­ser und die Holz­schup­pen errichtet.

Jeden­falls wur­den das Gelän­de der ehe­ma­li­gen „Lünet­te 3“ und das heu­ti­ge Thea­ter­ge­bäu­de vom Grün­flä­chen­amt der Stadt Köln bis in die 90er Jah­re des 20. Jahr­hun­derts als Zier­gärt­ne­rei genutzt. Hier wur­den Blu­men­ge­ste­cke und Trau­er­krän­ze ange­fer­tigt, und das Thea­ter­ge­bäu­de selbst dien­te der Über­win­te­rung von Kübelpflanzen.

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6. Nut­zung als Theater


Abb. 16: Thea­ter­pro­duk­ti­on „A&O“ (1992) (Foto: Chris Rügge)

Da das Gebäu­de auf dem Gelän­de der Lünet­te 3 in den Som­mer­mo­na­ten leer­stand, konn­te es von einer Thea­ter­grup­pe, dem Köl­ner „Heal­ing Theat­re“ ab 1991 zunächst im Som­mer als Pro­ben­raum genutzt wer­den. Die Thea­ter­grup­pe nann­te das Gebäu­de – in Anleh­nung an die Zitrus­bäu­me, die hier über­win­ter­ten – „Oran­ge­rie“.

Nach­dem das Grün­flä­chen­amt das Gelän­de im Jahr 2000 geräumt hat­te, um die Zier­gärt­ne­rei in ande­ren Räum­lich­kei­ten wei­ter zu betrei­ben, wur­de das Gebäu­de ganz­jäh­rig ange­mie­tet und als Thea­ter­be­trieb genutzt. Seit­her wird die­ses Thea­ter von einem Ver­ein, dem „Oran­ge­rie – Thea­ter im Volks­gar­ten e.V.“ betrieben.

Da das ent­kern­te Wohn­haus natür­lich nicht enst­pre­chend aus­ge­stat­tet war, war zur Nut­zung als Thea­ter zunächst die Auf­hän­gung von Schein­wer­fern erfor­der­lich. Wei­te­re Ein­bau­ten wie ein par­ti­el­ler Holz­bo­den und Podes­te für anstei­gen­de Sitz­rei­hen wur­den bewusst mobil gehal­ten, um bei Bedarf den Raum frei gestal­ten zu kön­nen – ohne Fest­le­gung von Berei­chen für Büh­ne und Zuschauer.

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